WENIGER IST MEHR

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Es riecht nach Kaffee, vor mir steht eine Kiste mit selbst gebackenen „Güetzli“. Mein Blick schweift rüber zum Fenster. Das saftige grün der Wiesen und die Bergkette am Horizont erstrahlen in der hellen Morgensonne.  Ich sitze in der gemütlichen Wohnküche der Familie Wenger. Hier wird Gastfreundschaft gross geschrieben. Auch wenn die Arbeit in der Höhenscheuer nie ausgeht, Hansueli und seine Frau Regula nehmen sich Zeit für ihre Besucher. Zeit – davon haben wir heutzutage oftmals zu wenig. Ich möchte von den beiden erfahren, wie das Leben früher war und wie sie ihren Weg zum Glück gefunden haben.

DIE GANZE FAMILIE HAT MITANGEPACKT

Beide überlegen und ich sehe an ihrem Blick, wie sie gedanklich in die Vergangenheit reisen. Hansueli beginnt; Die Entwicklung der letzen 50 Jahre ist enorm. Früher brauchte es die ganze Familie um die Arbeit auf einem Bauernbetrieb zu bewältigen. Jeder hat angepackt von gross bis klein. Regula fügt hinzu, sogar die Schulferien waren auf die Saison angepasst und wurden flexibel durchgeführt. Wenn zum Beispiel die „Heuete“ anstand, hiess es: wenn nächste Woche schön ist, habt ihr Ferien. Hansueli lacht und ergänzt: Mahnmal war dann in der darauf folgenden Woche nur die halbe Klasse da, weil das Wetter unterschiedlich interpretiert wurde. Die Ferien waren also nicht da um sich zu erholen oder gar in die Ferien zu reisen, sondern viel mehr um zu Hause am Hof mitzuhelfen. Es lag höchstens zwischen den Stallzeiten mal eine Wanderung in den nah gelegenen Bergen im Gantrisch Gebiet drin.

DIE UHREN HABEN LANGSAMER GETICKT

Während früher jede Hand am Hof gebraucht wurde,  wird heute der grösste Teil der Arbeit von Maschinen ausgeführt. Der Alltag war geprägt von harter Arbeit dafür hat man sich aber auch Zeit genommen um ein gemütliches „Znüni“ während der Arbeit auf dem Feld einzunehmen, schwärmt Hansueli. Damals kannten wir noch keine Subventionen. Es war auch gar nicht nötig, weil die Produkte noch mehr Wert hatten. Und gleichzeitig war das Leben viel einfacher, es wurde weniger Geld gebraucht. Vor allem hatte man mehr Zeit.

NEUE WEGE

Mitte 20 lernen sich Regula und Hansueli kennen. Wir haben uns im Wald verliebt, lachen die beiden. Damals arbeitete er als Holzer bei Regula’s Eltern. Regula kam jeweils vorbei und brachte den Arbeitern einen Korb mit Verpflegung und einem Schnäpsli. 1987 besiegelten die beiden ihre Liebe mit dem Ja-Wort. 1990 übernahmen sie den elterlichen Bauernhof der Familie Wenger in dritter Generation in der Höhenscheuer in Milken. 14 Jahre lang führten sie den Betrieb im traditionellen Sinne  bis sie sich entschieden, neue Wege einzuschlagen. Der Stall entsprach nicht mehr dem Tier & Gewässerschutz. Der Betrieb war zu klein und warf zu wenig Profit ab. Ein Umbau sowie eine Erhöhung der Milchkühe wären die Folge gewesen. Doch die beiden wollten weg von dem Herkömmlichen, näher zur Natur. Sie entschieden sich für die robusten und genügsamen schottischen Hochlandrinder. Ihr Wesen ist liebenswert und  ihre Substanz ideal geeignet für unsere Höhenlagen. Die Weiden sind durch sie optimal gepflegt und nehmen weniger Schaden, da ihr Körpergewicht wesentlich kleiner ist als das der hiesigen Kühe. Auf die Verabreichung von Kraftfutter wird verzichtet.

Treffpunkt der Generationen – schon die Eltern von Hansueli haben hier unzählige Stunden gesessen und den Blick ins Tal genossen. Die Bank musste mittlerweile erneuert werden

Regula ist eine passionierte Gärtnerin. Ihr Garten versorgt die Familie das ganze Jahr über mit saisonalem Gemüse. 

GUT DING WILL WEILE HABEN

Kritiker sagen, es daure zu lange, bis ein Hochlandrind geschlachtet werden kann. Doch hier kontert Hansueli; alles Gute braucht seine Zeit. Durch die natürliche Fütterung wachsen die Tiere langsamer heran. Das hat einen positiven Einfluss auf das Fleisch. Es wird dadurch besonders fein und schmackhaft. Ich verstehe einfach nicht, warum alle immer mehr wollen. Das was wir haben, reicht doch. Manchmal ist weniger auch mehr. Mit ihrem Nischen-Produkt trifft die Familie Wenger den Nerv der Zeit. Die gute Fleisch-Qualität wird geschätzt und von Mund zu Mund weiterempfohlen.

Willkommen in der guten Stube der sympathischen Vierbeiner. Hier können sich die Hochlandrinder frei bewegen.

WARUM DEN IN DIE FERNE SCHWEIFEN…

… wenn das Glück so nah ist. Zum Schluss verrät mir das Ehepaar Wenger ihr Highlight im Gantrisch-Gebiet. Die nahgelegene Alp „Fettbad“ oder auch „in den Bädern“ genannt in der Gemeinde Rüschegg, ist ihr persönlicher Nah-Erholungsort. Ihre ausgebaute Berghütte auf dem „Bärgli“, wie sie es liebevoll nennen, bietet Platz für die ganze Familie. Es gibt nichts schöneres, als nach einem anstrengenden Arbeitstag den Feierabend bei einem gemütlichen Grill-Plausch mit Blick auf das Unterland zu geniessen um den Tag ausklingen zu lassen. 

Der mit dem Hochlandrind tanzt.. 🙂 die Beziehung zwischen Hansueli und seinen Tieren ist geprägt von Vertrauen und gegenseitigen Respekt

KONTAKT

Regula & Hansueli Wenger, Höhenscheuer 11, 3157 Milken, 031 731 14 36

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